Du und Du auf Schritt und Tritt

Ist Ihnen das auch schon mal aufgefallen, das World Wide Web, die Werbung und selbst Autoren setzen auf Kindchenschema.

Wir sind keine Erwachsenen mehr, wir sind wieder im Kindergarten und die liebe Tante Werbung und der gute Onkel Google duzen uns, weil es doch so schön familiär ist.

Wie schrieb mir ein Versandhaus mal, als ich darauf bestand gesiezt zu werden: „Liebe Frau Metscher, gerne werden wir Sie in der persönlichen Ansprache siezen, aber unsere Marketingabteilung hat uns gesagt, dass unsere Kunden das persönlichere Du ganz wundervoll finden und wir doch eine große Familie sind im Internet“.

Auf diese Familie kann ich gerne verzichten, weil sie versucht auf diese Weise uns alle zu willenlosen Konsumzwergen umzuerziehen.

Mir wäre in meiner Schulzeit niemals eingefallen mich mit meinen Lehrern zu duzen, die Distanz durch das „Sie“ war absolut korrekt und gewollt. Wer wollte schon ein Familienmitglied bei seinem Lehrer sein.

Genauso finde ich es befremdlich, wenn ein Händler oder Autor an mir Geld verdienen will oder meine Daten abgreift und mich dabei duzt. Das wäre so, als wenn meine Tante Erna am Wochenende Kuchen für die Familie backt und von jedem 3,50 pro Kuchenstück verlangt. Ich wette, Tante Erna backt nicht mehr lange, weil keiner mehr ihren Kuchen kaufen will.

Duzen ist nicht niederschwellig, sondern stillos, herabwürdigend und macht blöde. Das ist ein Eindringen in die Privatsphäre und Grenzüberschreitend.

Vielleicht bin ich aber auch einfach nur zu alt für diesen Scheiß!

Warum ich meinen Beruf als Gartenplanerin liebe

Berlin

Nachdem ich nun zweieinhalb Jahre das Thema Bloggen von der einen Seite zu der anderen Seite und wieder zurück gewälzt habe, weil ich einfach nicht wusste wie viel und was ich über mich privat und geschäftlich schreiben sollte, fange ich jetzt einfach nochmal an.
Das Thema Garten begleitet mich von klein auf. Schon in den 70 zigern hat mein Vater wie es so schön Neudeutsch heißt „Urban gardening“ in Berlin betrieben.
So hat er mit uns Kindern auf dem hinteren Grundstück, auf dem eine Ruine stand in den Schuttbergen Erdbeeren, Bohnen und Gurken angebaut, indem er einfach Erde drauf geschüttet hat, was natürlich eine Art von Guerillia gardening war, weil uns das Grundstück ja gar nicht gehörte. Für mich war das ein Paradies, den Abenteuerspielplatz hinter dem Haus zu haben (es war ein illegaler Bau der abgerissen werden musste, weil der Käufer nicht begriffen hatte, dass das Haus nur in seiner ursprünglichen Form Bestandschutz geniest). Leider habe ich keine Fotos von unseren Beeten, aber in meiner Erinnerung haben die Erdbeeren großartig geschmeckt.

Odenwald

Anfang der 80 iger Jahre sind wir dann nach Baden Württemberg gezogen, da mein Vater in Berlin nach seiner Doktorarbeit keine Anstellung fand. Es hat ihn aber nicht gehindert sofort im Odenwald ein Grundstück mit einer Streuobstwiese zu kaufen. Es war ein großes Grundstück auf dem er eigentlich ein neues Haus bauen wollte. Dazu ist es nicht gekommen, weil meine Mutter gewütet und getobt hat sie zöge nicht aufs Dorf, das könnte er vergessen ( typisch Stadtpflanze eben). Es wäre auch sehr krass gewesen, von Berlin West mit knapp 1,5 Millionen Einwohnern aufs Dorf mit 150 Menschen zu ziehen. Aber ich habe zum ersten Mal zuckersüße Mirabellen gegessen, so was kannte ich nicht aus Berlin. Da gab es nur Sauerkirschen und Pflaumen.

Heidelberg

Also sind wir nach Heidelberg in eine kleine 4- Zimmer Penthouse Wohnung gezogen im achten Stock. Da um das Penthouse herum ein 3 Meter breites Kiesdach war, konnte mein Vater nicht widerstehen und hat sofort zwei Hochbeete gebaut, die wir beide mit einem Tannenbaum und Rosen bepflanzt haben. Den Tannenbaum deswegen, weil er zum 1 Advent beleuchtet werden musste, da war mein Vater eisern. So konnte man im Winter, wenn man von der B3 nach Hause gefahren kam, in fünf Kilometer Entfernung unsere Wohnung noch erkennen. Diese Beleuchtung hat dann in den nächsten Jahren etliche Nachahmer gefunden. Besonders die dort stationierten Amerikaner fanden es so großartig, dass sie die Idee auf dem Dach des US Hospitels sofort übernommen haben, natürlich mit sehr viel mehr Blink, Blink.

Schwetzingen

Quelle:Von Misburg3014 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Meinen bewusst wahrgenommen Kontakt zu Schlossgärten hatte ich in Schwetzingen. Natürlich sind wir in Berlin in Schloss Charlottenburg, auf der Pfaueninsel und im Botanischen Garten gewesen, aber so richtig die Struktur eines barocken Gartens habe ich erst in Schwetzingen kennengelernt. Anfang der 80 ziger Jahre hatte man zwar die Elemente des französischen Barockgarten gepflegt, aber die Bepflanzung eher monoton gehalten. So war das Paterre mit mit Stiefmütterchen und Eisbegonien gepflastert. Der heutige Tenor der Gartendenkmalpflege ist natürlich ganz anders als vor 30 Jahren, jetzt quillt wieder das Paterre, wie im Barock üblich, vor Farben und Pflanzenarten über, schließlich wollte man ja damals zeigen wie Weltmännisch man war und zeigte jede Pflanzeneroberung, ob sie nun farblich und vom Habitus zusammen passten war dabei herzlich, aber egal.

Was ich aber bemerkenswert finde, ist, dass der Garten von der gesamten Bevölkerung schon zu kurfürstlichen Zeiten frei und kostenlos zugänglich war, sodass jeder die Pracht bewundern konnte. Man stelle sich das heute im Kanzlergarten vor. Alles gut gesichert.

Quelle: Michael Zoll, leider verstorben 2013